Wien ist gut

Guten Tag! Mein Name ist Dragan Jesič. Ich bin gekommen von Belgrad. Hier bin ich auf Südbahnhof in Wien. Frau und vier Kinder noch in alter Heimat, was keine Heimat mehr ist. Suche jetzt U-Bahn Nummer 1 und fahre zu neuer Arbeit. Bekommen habe ich Hausmeisterarbeit in großem Haus. Wien ist gut! Meine Mama hat diese Arbeit und nun krank. Ich darf weiter behalten und dann kommt Familie zu mir.
Ich steige in U-Bahn Nummer 1 ein, ganz klar, Stephansplatz ich muss fahren. Viele bunte Menschen sind im Waggon. Ein Mann schreit herum. Betrunken sicherlich. „Ausländergesindel! Geht’s zu Fuß, man kann sich net rühren, kriagt ka Luft da!“
Es ist interessant für mich, denn die anderen Fahrgäste still. In Belgrad man fragt immer, warum jemand schreit.
Wien ist sehr große Weltstadt, Mama hat erzählt und ich glaube. Station Taubstummengasse, viele Menschen steigen herein. Zwei Männer in schwarzem Mantel und Kappe lassen sich zeigen Fahrscheine. Kontrolleure bestimmt. Der Mann mit der lauten Stimme hat kein Ticket, er schreit: „Schmeißt lieber die Jugos und Neger raus, ich bin ein Österreicher!“
„Österreicher dürfen auch nicht schwarz fahren“; bekommt er Antwort von dunklem Mann.
„Los raus“, sagt ein Kontrolleur und zieht an der Jacke von dem Betrunkenen. Station Karlsplatz, die Türen öffnen und Mann schlägt die Hand weg, läuft hinaus. Die Herren ihm nach. Alle lachen. Nächster Halt muss ich raus. Stephansplatz.
Ein großer Platz mit großer Kirche. Wien ist gut! Viele Menschen und starker Wind pfeift. „Pardon, meine Dame, darf ich fragen“, zeige Zettel mit Adresse. Sie schlägt auf meine Hand. „Greifen’S mich nicht an! Überall diese Tschuschenbettler“, schreit sie. In Wien schreien viele. Aber ein Mann ist vor der Kirche und hat Kostüm wie  Mozart an. Er zeigt mir Weg zu Bäckerstraße, wo Mama ist Hausmeister.
Lugeck mit schöne Statue. Setze Brille auf. Aha. Das ist Herr Gutenberg! Wegen ihm wir haben Bücher zu lesen, ich weiß.
„Oba do vom Denkmahl, Kanake!“
Komisch schon, dass Polizist glaubt, ich Türke bin. „Verzeihung bitte, wenn schimpfen mit mir, dann besser sagen Tschusch.“ Ich steige Stufe hinunter. „Wenn Stufen da, kann man gehen darauf“, ich sage freundlich.
Polizist dreht sich weg, na gut.
Hier Bäckerstrasse. Ist aber enge Gasse, nicht Straße, voll von schöne, alte Bauten. Da ist Haus von Mama, Nummer vier. Klingelanlage, oh, aus Messing, elegant. Ich drücke Knopf mit Eins. Weiß, Hausmeister immer auf Eins wohnen. Aber nichts. So ich drücke daneben nächste Knopf.
„Ja?“
„Verzeihung bitte, möchte zu Frau Jesič.“
„Warum?“
„Bin Sohn Dragan Jesič.“
„Noch einer von denen! – Also kommen’S schon rein.“
Tür brummt. Blondgefärbte alte Dame steckt Kopf zu kleine Gangfenster raus. „Sie sind der Sohn?“
„Bin ich. Danke schön.“
„Die Tür von der Mama ist eh offen, damit der Arzt rein kann.“
„Ist Arzt denn da?“ So ich könnte sprechen wegen Mama mit ihm.
Leider sie schüttelt Locken und haut Fenster zu.
Nun ich klopfe an Nummer Eins. Nichts hören, ich leise gehe durch minikleine Vorzimmer, ist auch Küche, weiter.
„Mama!“ Springe hin zu Bett, sie so klein und dünn, aber lächelt.
„Jeschusch, Sohn“, sie flüstert.
Ich knie gleich auf Plastikboden und nehme schmale Hand, um zu küssen.
Ich frage, was ich kann tun für sie, aber Mama nur Kopf schüttelt und weint. Ich auch.
Dann sie sagt, Stiegen waschen ist wichtig. Vorher ich gebe Tee mit kleine Löffel und viel Honig. Echte Honig! Wien ist gut!
„Kannst du bleiben? Bist du nicht zu gut für die Arbeit hier? Du bist doch Musiklehrer, Sohn, was für eine Schande“, jammert meine Mama.
„Was ist schon Geigenlehrer ohne Anstellung, Kinder sind hungrig, Mama. So ich bin stolz, dir zu helfen und Hausmeister in Wien ist gut.“
Nach Tee ich schnappe Eimer und Besen. Auf Stiege sehr viel schmutzig. Von obere Stock Mann und Frau kommen vorbei. „Na, endlich macht wer den Dreck weg. Sind Sie von der Reinigungsfirma? Wenn die Alte gestorben ist, kriegen wir ja keinen Portier mehr her.“
„Bin ich nicht von Firma, bin ich Sohn von Frau Jesič, die hat Lungenentzündung, aber bald wird gut sein, Pardon.“
Die Dame lacht. Es sieht freundlich aus. Ich weiche aus mit Wischbesen. Zwei Stunden ich putze und alles jetzt rein. Aber große Hunger, leider kein Geld. Mama gibt mir zum Einkaufen, erklärt, wo Supermarket ist.

Mein Gott, so viele Essensdinge. Ich schon lange nicht gesehen habe. Belgrad immer noch nicht erholt von Krieg. Sehr traurig.
So ich kaufe und koche für Mama gutes Gericht von zu Hause. Sie kann nur wenig essen. Nachher wir reden über Familie. Ich liege auf Matratze unten neben Bett, ist gut. Und wie wir nicht schlafen können, sind beide nervös in Aufregung und so weiter, sie sagt: „Du bist hier kein Hausmeister, Sohn.“
Ich muss sitzen plötzlich. „Wieso, Mama?“
„Weil du bist ein Facility-Manager!“
Wien ist gut!